Predigt an Heilig Abend 2010

Gnade sei mit Euch und Friede, von Gott, unserem Vater und von unserem Herrn, Jesus Christus! Amen

Text: Johannes 3,16

So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben!

 

Liebe Gemeinde,

es ist etwas Besonderes um die Heilige Nacht. Sie ist anders als all die anderen Nächte. Wir erwarten mehr. Wir erhoffen mehr. Wir ersehnen mehr. Und wenn uns diese Nacht leer lässt, dann ist das schlimmer als bloß ein verdorbener Abend.

Was erwarten wir?

Was erhoffen wir?

Was ersehnen wir?

Dass es im Leben mehr als ALLES geben muss. Mehr als eine neue Armbanduhr oder eine schicke neue Krawatte, mehr als ein teures, edles Kleidungsstück oder das Perlencollier, das der Ehemann aus Liebe schenkt oder vielleicht auch, weil Weihnachten ist? Mehr als das Festessen und den Weihnachtsbaum. Noch mehr? Ist das nicht alles schon schön genug? Kann uns das nicht schon dankbar machen, dass wir das alles haben können? Dazu eine warme Stube und ein Bett und Menschen um uns, die mit uns das Leben teilen. Was also noch? Dass wir ein Krippenspiel spielen zu Weihnachten, das verrät, was wir erwarten, erhoffen, ersehnen! Unsere Kinder schlüpfen gleichsam in das Leben der Menschen damals hinein. Und so können sie erleben, wie die sich damals gefühlt haben, als Jesus geboren wurde. Sie schlüpfen hinein in die Freude der Hirten und Engel und in die notvolle Situation von Maria und Josef, die so wunderbare Worte hören in jener Nacht, die so gar nicht passen wollen zu dem, was sie gerade auf Erden erleben: abgewiesen werden an vielen Türen, als Fremde und arme Leute. Aber gerade da werden sie von Gott wahrgenommen, ernst genommen, durchgetragen. Die Kinder schlüpfen in diese Rollen und erleben mit, wie sich das anfühlt. Und wir Erwachsenen? Für uns heißt Weihnachten auch jedes Jahr wieder, sich zu erinnern an die glücklichen Weihnachtsfeste, die fest verzeichnet sind in unserem Langzeitgedächtnis, an bewegende Begegnungen mit Menschen, die vielleicht schon nicht mehr sind und die uns heute besonders fehlen oder an Geschenke, die zu Herzen gingen, weil der Geber uns ganz erfasst hat und das, was uns freut.

Die Heilige Nacht,  - wir wünschen uns jedes Mal, dass sie uns verwandelte, uns neu machte, so dass wir uns wie neu geboren fühlten. Wir erwarten viel von dieser Nacht, wir erhoffen viel. Wir wollten gerne in der Geschichte drinnen sein, als ein Hirte, der beglückt ist von der Botschaft, als ein Engel, der Gott sein Lob singt über die Geburt des Heilandes. Ja, einen Heiland, den könnten wir schon brauchen, einen der all das, womit wir nicht zu Rande kommen in seine Hände nähme. Die Jahre, die hinter uns liegen, die sind nicht nur eitel Freude und Sonnenschein gewesen, Da ist auch viel verdorbenes Leben, aus Ungeduld verdorben, aus Unwissenheit verdorben, aus Neid und Unzufriedenheit missglückt oder einfach nur, weil Menschen sich mit den Jahren auseinandergelebt haben, ganz leise und fast unbemerkt. Und dann sitzen wir jetzt vielleicht alleine hier, wo wir sonst noch zu zweit waren. O ja, einen Heiland könnte  wir gut brauchen, einen, der heil macht, was weh tut. Wir würden ihm gerne begegnen, so wie der Erzvater Jakob im Alten Testament, der auf der Flucht vor seinem Bruder Esau, dem er die Zukunft gestohlen hatte, sich mitten in der Steinwüste niederlegte, als die Sonne untergegangen war. Und in der Nacht träumte ihm von einer Leiter, die in den Himmel ragte und die Engel Gottes stiegen darauf auf und nieder, und er hörte Gottes Stimme, die ihm Zuversicht gab und Hoffnung für den weiten Weg, der noch vor ihm lag. Was er sich eingebrockt hatte, das musste er bitter auslöffeln, aber über allem, und sei es noch so hart gewesen, lag doch der Segen Gottes. So anders als Jakob sind wir nicht. Das Jahr, das hinter uns liegt, war auch nicht ganz in Ordnung und wie sich unser Leben in Zukunft gestalten wird, kann niemand von uns sagen. Und heute Abend hoffen auch wir, dass wir solch eine Leiter in den Himmel sehen dürfen und sich auch für uns Himmel und Erde berühren heute Nacht! Ein Engel aus Holz, aus Papier oder Goldpapier, der tut es eigentlich nicht. Ein richtiger, echter Engel müsste das sein, genauso einer, der den Hirten die gute Botschaft brachte: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige Euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird, denn Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr! Und es genügt uns auch nicht, dass wir wie unsere Kinder in die Kleider von Hirten und Engeln schlüpfen. Es muss tiefer gehen, es muss ins Herz hinein und dann ganz hinunter, damit diese Nacht uns verwandeln kann für den weiten Weg, der vor uns liegt.

Himmel und Erde berühren sich in dieser Nacht, da das Christuskind geboren wird. Es ist eine gewaltige Nacht, denn da fängt Gott an, alles neu zu machen, und die alte Erde zu verwandeln, zuallererst aber die, die seine Botschaft hören, damals die Hirten und heute uns, wer wieß! Ganz zaghaft und leise und behutsam kommt sein Wort zu uns: So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab! Das ist freilich kein harmloses Wort! Darin steckt unser ganzer Jammer, Schmerzen, Schuld und Tränen und nicht zuletzt das Leiden zum Tode, das wir alle fürchten. Manch einer sitzt hier, der die Krankheit zum Tode schon in sich trägt. Wir spielen heute Abend  nicht heile Welt. Auch heute Nacht wird in vielen Familien der Haussegen schief hängen, werden Menschen voneinander enttäuscht sein und werden Tränen vergossen werden. Aber doch wird uns gesagt: So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen  einzigen Sohn für sie hergab. Und nicht einfach  nur so harmlos. Der starb für uns am Kreuz.

Einfach lässt sich die Welt nicht verwandeln, nicht harmlos und billig nicht. Gott musste aufs Ganze gehen bis in den Tod, um unsere Herzen zu erreichen. Und das Unfassbare berichtet der Evangelist Johannes. Vielen ging es gar nicht einmal zu Herzen. Sie sahen darüber hinweg, damals und heute womöglich auch. Und wir, - wir sind nicht hier her gekommen, damit nichts geschähe, sondern weil wir unser Herz von Gott erobern lassen wollen, damit etwas geschieht mit uns. Was soll uns denn geschehen? Wir möchten das fassen können, ganz tief in unsere Herzen, dass uns einer sagt:

Du bist geliebt, geliebt und nicht verloren! In all der Mühsal, in der du stehst, in allen Nächten, in allen Dunkelheiten, die über dich kommen: Du bist geliebt! Und dieses Leben -  so schaurig und schön zugleich,-  es ist keine Irrfahrt, sondern ein Heimweg zu dem Gott, der für uns Mensch geworden ist in seinem Christuskind. Möchte uns diese Botschaft verwandeln zu der gewissen Zuversicht, dass wir angesehen werden von Gott, dass er uns beim Namen kennt und durchträgt durch die Nächte, die noch kommen werden, und dass wir nicht, niemals, -  aus seinen Händen herausfallen können.  Möchte das Christuskind euch alle in dieser Nacht zu Menschen verwandeln, die von dieser Zuversicht getragen werden.

AMEN

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